Sonntag – Zustieg zur Albigna-Hütte
Um sieben geht’s los. Weg vom Thutplatz im beschaulichen Zofingen. In Wassen ist unser erster Halt und unsere Gruppe wächst mit dem Bergführer auf fünf Personen an. In Maloja wird dann das Fahrzeug gewechselt. Per Postauto geht es zur Talstation der Albigna-Seilbahn und weil die Sonne so unerbärmlich scheint (ja auch das gab es diesen Sommer!) nehmen wir die Bahn zum Stausee. Von dort lässt sich die Albigna-Hütte, unsere Unterkunft für die nächsten drei Tage, bequem in 45 Minuten Fussmarsch erreichen. Primär wird nun der Flüssigkeitshaushalt ausgeglichen, anschliessend bleibt uns noch reichlich Zeit, um im Klettergarten direkt neben der Hütte die Seilhandhabung aufzufrischen und erste Schritte im Fels zu tun. Auf der Slackline vor der Hütte wird der Gleichgewichtssinn geschult. Da scheinen die Jungen irgendwie im Vorteil zu sein.
Montag – Klettern an Vergine, Al Gal und der Fiamma
Mit den ersten Sonnenstrahlen geht es hinunter zur Staumauer und auf der Gegenseite wieder hoch. Eine Gratkletterei in gutem, griffigem Fels (4c) führt uns über die Vergine zum Al Gal (= der Hahn). Ein Bartgeier begleitet uns und zieht seine Kreise in die Höhe. Auch wir gewinnen an Höhe; nach drei Stunden hocken wir auf dem Kamm des Hahnes. Ja, man muss noch hoch, solange es ihn noch gibt. Sein Schnabel liegt nämlich bereits im Talgrund. Wir steigen nach unten, seilen einmal gut 20 Meter ab und schon befinden wir uns auf dem Weg zur Fiamma, „Der Felsnadel“ des Bergells. Ganz alle versuchen es dann doch nicht mit Hochkommen. Die Nadel ist doch recht glatt und der Aufstieg entsprechend anspruchsvoll (5c) aber von oben ist die Aussicht einfach viel, viel schöner.
Dienstag – Gratkletterei an Caciadur, Scälin und Cantun
Ein Riesengrat wartet heute auf uns, und zwar nur auf uns. Wir sind den ganzen Tag alleine unterwegs. Von der Hütte geht es erst mal Richtung Bio-Pfeiler (hat nichts mit dem aktuell trendigen kleinwüchsigen Gemüse zu tun) und dann weiter zum Schneefeld, das auf den Caciadur Nord-Grat hochzieht. Oben angekommen geht es von Zacken zu Zacken, immer dem Grat entlang bis zum Scälin. Von dort runter (schön auf dem Grat bleiben) und dann das Firnfeld hoch Richtung Cantun. Wer die Route nachklettern will, soll sich einfach nicht vom steilen Anblick abschrecken lassen. Aus der Nähe betrachtet ist alles halb so wild und nach 7 Stunden kann man auf dem Gipfel des Cantuns eine herrliche Rundsicht geniessen: angefangen im Wallis mit dem Matterhorn, über Mischabel, Bietschhorn, über die Berner und die Zentralschweizer Alpen, bis hin zum Bernina lässt sich alles bestaunen was noch Schnee auf dem Gipfel hat. Hochgehen ist leider erst die halbe Miete: runter muss man auch wieder kommen. Wir sind über den Südgrat ausgestiegen, also erst mal allgemeine Richtung rechts am Monte Disgrazia vorbei (lässt sich nicht verfehlen, das ist der Berg mit der grossen Madonna oben drauf) und dann weiter über das Schneefeld westlich des Punta-da l’Albigna. Anschliessend zogen wir, so gut wie möglich die Höhe behaltend, um den Punta da l’Albigna am Stausee vorbei wieder Richtung Hütte, wo wir uns 11 Stunden nach unserem Aufbruch zufrieden ein Bier genehmigen konnten.
Mittwoch – Hüttenwechsel zur Forno-Hütte und Piz Casnil
Ab der Albigna-Hütte marschieren wir dem markierten Weg entlang zum Pass da Casnil Nord (der liegt aber südlich des Piz Casnils!), wo wir bereits unser Nachtlager für den Rest unserer Tourenwoche erblicken. Hier deponieren wir alles, was wir nicht dringend auf den Gipfel hochschleppen möchten und steigen in den Piz Casnil Süd-Grat (recht guter Fels) ein. Eine Stunde später sind wir bereits auf dem Gipfel und geniessen, Sonne, Lunch und Rundsicht. Nach unten folgen wir den Steinmännchen etwas westlich des Grates. Hier ist der Fels schon einiges brüchiger. Unser Depot lösen wir wieder auf und starten den Abstieg zum Forno Gletscher. Dieser war auch schon mal mächtiger als heute. Mächtig ist heute lediglich noch die schuttige Moräne. Zum Glück hat es in diesem „Naturkieswerk“ ein Fixseil, sodass der Abstieg doch noch irgendwie möglich ist bis hinunter zum 300 Meter tiefer gelegenen kümmerlichen Rest des „ewigen“ Eises. Die auf der gegenüberliegenden Talseite erbaute Forno-Hütte wurde mal auf einem Felssporn etwas über dem Gletscher angelegt. Heute beträgt der Aufstieg 350 Höhenmeter. Die Sonne treibt uns aber zügig Richtung Hütte, denn dort wartet etwas gegen den Durst. Als dann der Hüttenwart um 6 auch noch zum Apéro einen kühlen Weissen spendiert, ist der Abschluss der Tour perfekt. Gesamthaft gesehen war der Tag recht gemütlich und es blieb genug Zeit um uns für kommende Taten zu schonen.
Donnerstag – Monte Rosso
Weil für heute Regen angekündigt war, entschieden wir uns für eine kurze Tour: Monte Rosso. Im Morgengrauen sind wir gestartet. Den Klucker-Zahn (Richtung Sella del Forno) sieht man bereits von der Hütte. Diesen haben wir angesteuert und dann „hinten“ umgangen. In Anbetracht des grauen Himmels haben wir verzichtet, den Zahn zu besteigen. Unser Ziel war ganz klar, den Gipfel del Monte Rosso trocken zu erreichen und dann auch möglichst trocken wieder zur Hütte zurückzukehren. Hoch ging’s über Zacken und Platten (3. Bis 4. Grad). Nach gut zwei Stunden standen wir oben. Aus dem Grau hatte nun leichtes Nieseln eingesetzt, was uns zum Weitermarsch mahnte. Die Abstieg Richtung Süd-West geht auch mit etwas Feuchtigkeit noch akzeptabel gut. Zurück zur Hütte haben wir den möglichst direkten Weg gewählt: die Westseite des nördlichen Schneefeldes / Gletschers des Monte Rosso. Als wir die Hütte um 11 Uhr ansteuerten, war dann die Sonne auch schon wieder aufgetaucht. Deshalb haben wir, nach einem guten Mittagessen, halt den Klettergarten 200 Meter nördlich der Hütte besucht, bis alle noch ihre überschüssigen Kräfte los waren.
Freitag – Heimreise über den Monte del Forno
Also wenn schon Forno Hütte, dann auch Forno Gipfel. Deshalb sind wir am letzten Tag über den Monte del Forno nach Maloja ausgestiegen. Der Weg von der Hütte bis zum Gipfel ist mit Ketten besten gesichert. Ein typischer blau-weisser Wanderweg. Den Abstieg Richtung Norden / Maloja muss man dann schon etwas besser suchen. Machbar, aber mit Vorsicht zu begehen, es hat doch recht viel loses Zeug. Unten im Talboden des Val Muretto ist der Weg dann wieder bestens ausgebaut und führt durch eine erst recht wilde, dann aber zunehmend liebliche Landschaft nach Maloja. Gegen Mittag erreichten wir den Parkplatz in Maloja, leider 10 Minuten nach Regenbeginn, aber glücklich und zufrieden mit vielen schönen Erinnerungen. Eine durchaus gelungene Tourenwoche.
Flöru, Jonas, Marco und Beat
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